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Intelligente erzählen Blödsinn



Im Tagi vom 12. Februar 2021 beschäftigt sich Sandro Benini, ausgehend von bedenklich unterirdischen Aussagen anerkannter Kapazitäten zur Corona-Problematik, mit dem Phänomen, dass sich intelligente Leute in hanebüchenen Unsinn verrennen können und ihre Intelligenz nicht dazu benutzen, logisch einwandfreie Schlussfolgerungen nachzuvollziehen, sondern ausschliesslich dazu, diese in der Luft zu zerreissen. Der ETH-Professor Knutti erzählt, dass es ihm in seinem ganzen Leben noch nie gelungen sei, einen solchen Kunden von klar erkennbaren und längst bewiesenen Facts zu überzeugen. Im Untertitel von Benini’s Artikels steht: Eine Intelligenzforscherin und ein Persönlichkeitspsychologe erklären, weshalb. Die beiden illustrieren und ergänzen anschliessend mit zusätzlichen Beispielen diese irritierenden Beobachtungen, aber man findet da keinen Hinweis darauf, warum Personen mit klar überdurchschnittlicher kognitiver Intelligenz so dumm daherreden können.


Man könnte als erstes dieses Phänomen mit einem Modell aus der Technik vergleichen. Boeing hat seine bewährte 737 aus Spargründen so umkonstruiert, dass sie auch von erfahrenen Top-Piloten nicht mehr sicher geflogen werden konnte. Als „Lösung“ bauten sie in die Steuerungssoftware Korrekturprozeduren ein ohne die Piloten zu orientieren oder weiterzubilden. In bestimmten Situationen wurden also die Steuerbefehle der Piloten von einer „Blackbox“ übersteuert, von deren Existenz die armen Kerle keine Ahnung hatten. Das wurde erst öffentlich nachdem zwei „737 Max“ mit Hunderten von Passagieren abgestürzt waren.


Menschen scheinen ähnlich zu funktionieren. Die Piloten entsprechen der kognitiven Intelligenz, die in bestimmten Situationen geschwächt oder sogar total ausgeschaltet wird. Irgend etwas hat also beispielsweise bei der Skandal-Arena von Jonas Proyer die Denkfähigkeit seines Gegenüber Ganser so sabotiert, dass der unzählige Male in denselben Loop zurückfiel und die SRG unqualifiziert angriff, so dass es beinahe zum Abbruch der Sendung kam. Die Frage ist nun: Welcher Art sind die Einflüsse, welche bei einem Menschen die Intelligenz teilweise oder ganz lahmlegen können?


Ziemlich offensichtlich gehört der Sexualtrieb, insbesondere bei Männern, dazu. Der sehr intelligente Stadtamman, welcher seinen Fortpflanzungsschwengel im Amtshaus fotografiert und die Aufnahmen umgehend einer Tussi von zweifelhaftem Charakter beamt. Da hat ihm die Geilheit offensichtlich die Intelligenz nicht nur eingeschränkt, sondern vorübergehend auf Null gestellt. Oder der Nationalrat, der eine Gesetzesänderung beurteilen soll, welche die horrenden Gewinne der Firma, in deren Verwaltungsrat er sitzt, leicht einschränken würde. Er setzt seine Intelligenz ausschliesslich dafür ein, die Änderung abzuschiessen. Ein anderes Beispiel ist etwas, das man „Brutpflegeexzess“ nennen könnte: Auf Vernunftbasis mit Eltern zu diskutieren, welche ihre Kinder angegriffen sehen, ist schlicht unmöglich. Dasselbe gilt auch für Projektleiter, Konstrukteure, Drehbuchautoren usw. mit bescheidenem Selbstbewusstsein, welche Kritik an ihren Schöpfungen auch dann als Angriff empfinden, wenn sie fair und wohlgemeint ist.


Offensichtlich besteht die „Blackbox“ in solchen Fällen aus Emotionen, Trieben, Wünschen, Ängsten, Sorgen usw., welche nicht immer so leicht erkennbar sind. Ich würde zur Illustration gerne mal Roger Köppel einen IQ-Test in zwei Varianten machen lassen. Zuerst ganz herkömmlich, was ihm kaum Schwierigkeiten bieten dürfte, und anschliessend gespickt mit ein paar Bemerkungen wie etwa: „Das Wohl des Volkes interessiert Christoph Blocher nicht im Geringsten“ oder „Simonetta Sommaruga ist die beste Bundesrätin, die wir je hatten.“ Da würde er wohl nicht über 100 kommen.


Damit sind wir bei einem besonders schwierigen Problem gelandet. Wie kommen wir zu einem gesunden und stabilen Selbstwertgefühl? Es gibt Leute, welche in einer Atmosphäre des Wohlwollens aufwachsen und es damit deutlich einfacher haben. Von Aborigines in Australien weiss man, dass der Vater ein Neugeborenes vor sich hinhält, zu ihm sagt: „Du sollst wissen, dass du geliebt und unterstützt wirst,“ und das auch tatsächlich ernst meint. Andere müssen ein Leben lang dafür kämpfen, bedingungslos geliebt zu werden, was sie nur dann schaffen können, wenn sie bereit sind hinzuschauen und zu erkennen, was sie immer wieder quält. Die Philosophin Hannah Arendt nannte diesen Vorgang „denken ohne Geländer“ und wurde dafür permanent angefeindet und letztlich von Freunden verschmäht. Zusammengefasst heisst das: Hinschauen und erst mal unsere eigenen Triebe, Ängste, Sachzwänge usw. in den Griff bekommen kann uns doppelt helfen. Erst mal dazu, unser Selbstvertrauen zu steigern, und dann auch zum diskutieren ohne unsere Logik fortwährend mit Emotionen zu übersteuern.


Von aussen ist bei „Selbstbewusstlosen“ offensichtlich mit Logik und Systematik nichts zu erreichen. Einem Trump-Fan mit logischen Überlegungen vor Augen zu führen, was für ein menschliches Wrack sein Guru ist, kann man ruhig vergessen. Da müsste man zuerst den Sektenführer überzeugen, seine Meinung zu ändern. Viel Vergnügen beim diesem Versuch. Aber vielleicht könnte man beispielsweise im Fall der „Brutpfleger“ auf emotionaler Ebene einen Versuch starten, indem man etwa dem Kind etwas schenkt, von dem die Eltern glauben und hoffen, dass das Kleine sich dies wünscht.

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