Trump, Fortsetzung
Meine kühne Prophezeiung bezüglich Wahlen in den USA hat sich offensichtlich nicht ganz, aber doch in zwei wesentlichen Punkten erfüllt: Sie haben in letzter Minute noch einen furchterregenden Verdacht gegen die Frau ausgegraben (und kurz darauf wieder begraben), und der Cowboy ist gewählt worden. Mir war schon seit Jahrzehnten klar, dass die Amis irgendwann einen der Ducks als Präsidenten wählen würden, aber ich hätte eigentlich eher Dagobert erwartet. So wird jetzt halt Donald dieses irre Land regieren, in seinem bisherigen oder in einem völlig anderen, eher unerwarteten Stil. Ein mässig erfolgreicher Manager übernimmt die Macht im militärisch stärksten Land der Welt und die Codes für den Start einer Weltvernichtungsmaschine!
Das führt mich unweigerlich zu ein paar interessanten Überlegungen zum Thema Manager. Mit fast 60 habe ich ja nochmals eine kleine Ehrenrunde an der ETH eingeflochten. Didaktik und Pädagogik bei Karl Frei selig. Bei dieser Gelegenheit hatten wir es mal mit der Intelligenz und zur Anschauung durften wir gleich auch uns selbst testen. In Erinnerung ist mir aber vor allem das Resultat einer Studie geblieben, bei der es um den Zusammenhang zwischen Intelligenz und Erfolg von Managern ging. Das Resultat war überraschend und ernüchternd: Es gibt keinen. Was immer für ein erfolgreiches Management von grossen Firmen und damit sicher auch von Ländern von zentraler Bedeutung ist, die Intelligenz ist es nicht. Ein grosses Unternehmen, mit der lokalen und globalen Wirtschaft und Gesellschaft über lauter variable Grössen verbunden, überfordert offenbar auch den intelligentesten CEO.
Ich habe mir dann überlegt, was neben Glück und Zufall sonst noch als Erfolgsgarant infrage käme. Vielleicht Mut? Aber der kann gerade so gut auch zu übertriebenem Risiko und damit zum Scheitern führen. Oder Hartnäckigkeit? Damit kann man eventuell kürzere Phasen der Erfolglosigkeit überbrücken, aber dann? Bauchgefühl, Intuition? Möglich. Integrität und Anstand?. Schön wär’s. Letztlich ist mir nur eine „Qualität“ in den Sinn gekommen, welche mit Sicherheit immer eine mehr oder weniger bedeutende Rolle spielt: Skrupellosigkeit.
Zur Widerlegung dieser Annahme konnte ich in Politik und Wirtschaft kein Beispiel finden, zur Bestätigung allerdings sehr wohl. Am stabilsten sind immer wieder die Regimes der widerlichsten und skrupellosesten Diktatoren, die es sich leisten können, grandios zu versagen wie zum Beispiel der Maximo Lider, der zu Beginn ein bisschen was für die Ärmsten getan, dann aber sein Volk als holzköpfiger Ideologe gnadenlos geknechtet und das Land zugrundegerichtet hat. Anlässlich der Kubakrise soll er sogar versucht haben, Chruschtschow zu einem atomaren Erstschlag gegen die USA zu überreden. Er war sich offenbar bewusst, dass auch sein Land dabei höchstwahrscheinlich in eine atomare Wüste verwandelt würde, hatte aber offensichtlich nichts dagegen, mit seinen Landsleuten „in Würde zu sterben“. Derzeit jubeln Zehntausende von Kubanern tagelang seiner Asche zu. So läuft das in Diktaturen.
In bipolaren Demokratien führt das unvermeidliche Versagen der Staatsführer dazu, dass auch die intelligentesten und einigermassen integren von ihnen während ihrer Amtszeit immer unbeliebter werden wie zum Beispiel Herr Hollande, und als Nachfolger ein möglichst kontrastreicher Oppositioneller der Gegenpartei gewählt wird. Wo war ich doch gleich? Ach ja, bei den Anforderungen an den neuen amerikanischen Präsidenten: Intelligenz ist nicht unbedingt erforderlich, Skrupellosigkeit schon. Das sind doch gute Aussichten für unsere Freunde am anderen Ende des Atlantiks.
Die Welt in ihrer heutigen Form ist ein gigantisches Monopoly. Das Vermögen wandert automatisch und unaufhaltsam zu den Reichsten, bis letztlich alles einem Einzigen gehört. Beim Monopoly bedeutet das, dass Figuren, Geld und Häuser in ihre Behälter wandern und die Schachtel mit dem gesamten Inventar in einer Schublade verschwindet. Welches Szenario muss man sich an diesem Punkt des „Spiels“ in der realen Welt vorstellen? Immer breitere Schichten der Weltbevölkerung werden um die Früchte ihrer Anstrengungen betrogen und was tun sie dagegen? Sie schenken ihre Gunst Gauklern und Egomanen mit obszönen Vermögen und hirnrissigen Philosophien und bilden sich ein, auch mit 95 noch eine Tellerwäscherkarriere starten zu können.
Donald Trump oder Christoph Blocher als Robin Hood? Wie kann man so naiv sein! Immerhin leben wir hier in einigermassen funktionierenden Demokratien, obwohl ich mir nicht erklären kann, wie das zumindest in westeuropäischen Ländern trotz ihrer jämmerlichen Vergangenheit möglich geworden ist. Robert Pirsig, der Autor von „Zen oder die Kunst, ein Motorrad zu warten“, hat nämlich ein Statement formuliert, das ich hundertprozentig unterschreiben kann: Wenn man ein System beseitigt ohne auch die Denkweise zu ändern, welche diesem System zugrunde liegt, wird unweigerlich ein gleiches oder sehr ähnliches System entstehen. In Russland beispielsweise hat es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gerade mal 10 Jahre gedauert, bis fast das gesamte Kapital den Weg zu den Oligarchen fand, und gut 20 Jahre, bis sich ein Autokrat an der Staatsspitze installieren konnte. In Westeuropa aber hat sich im Lauf der Jahrhunderte seit der Inquisition scheinbar die Art zu denken geändert und dafür waren wohl kaum Politiker verantwortlich.