Machst mi narrisch

Rhythmus-Workshop bei Pierre Favre in der Probstei St. Gerold im grossen Walsertal. Schweizer, Oesterreicher und einzelne Deutsche nach der Nachmittagslektion in ausgezeichneter Stimmung in der Dorfbeiz. Natürlich diskutieren wir auch über die aktuellen Rhythmen, nicht zuletzt mit den Händen auf dem Tisch klopfend. Hinter mir ein paar Einheimische, einer von ihnen der ultimative Kraftbolzen mit kurzen Lederhosen und lockerem Mundwerk. Ein Neuankömmling haut ihm zur Begrüssung die flache Hand mit voller Wucht auf den nackten Oberschenkel, was er gerade mal knapp zur Kenntnis nimmt.

Etwas später trommle ich mit voller Überzeugung und Präzision einen eben gelernten Rhythmus auf den Tisch, worauf sich Herkules langsam umdreht und mich anblafft: „Du machst mi langsam narrisch!“ Natürlich habe ich das Recht, weiter auf den Tisch zu trommeln und er macht sich strafbar, wenn er mich dafür verprügelt. Dennoch erachten wir es als grobfahrlässig und dumm, den Kerl „narrisch“ zu machen und wir verziehen uns umgehend, statt zu riskieren, dass die uns die Arme und Nasen brechen. Schwere vorsätzliche Körperverletzung nennt sich so was und bei uns kommt man dafür ins Kittchen. Wie lange hängt auch von eventuellen mildernden Umständen ab, also beispielsweise, ob sie von uns provoziert worden waren.

Themenwechsel? Nicht wirklich. Eine Frau, welche sich aufreizend kleidet, mit einem ähnlichen Typ handfest flirtet und sich dann noch zu ihm ins Auto setzt und in den Wald fahren lässt, macht nur von ihrem Recht auf Unversehrtheit Gebrauch und darf keinesfalls zu Geschlechtsverkehr genötigt oder gar gezwungen werden. Dennoch ist ihr Verhalten fahrlässig, unfair und schliesslich nichts als dumm. Sicher soll der Vergewaltiger bestraft werden, aber weshalb soll ein Mörder Anrecht auf mildernde Umstände haben wenn er provoziert worden ist, und ein Vergewaltiger nicht??